Modul 1.3: Wie treffen wir Entscheidungen? Sehr gerne nehmen wir an, dass wir vor allem vernünftig entscheiden. Wir suchen nach Argumenten, bedenken viele Aspekte, wägen alles ab und treffen dann vernünftige Entscheidungen. Der Mensch besteht aber nicht nur aus Vernunft, sondern auch aus Gefühlen, Emotionen, Ängsten und Sehnsüchten. Diese beeinflussen auch unsere Entscheidungen.
Werbung ist mehr als bloße Produktinformation. Sie setzt sehr stark auf Gefühle, Emotionen, Sehnsüchte oder Ängste und erweckt –oft unbewusst- beim Konsumenten die Erwartung, dass Wünsche durch den Kauf eines beworbenen Produktes tatsächlich erfüllt werden können. Der Käufer hofft, durch den Erwerb des Produktes genauso glücklich oder erfolgreich zu werden, wie die Werbung es ihm suggeriert. Er wird also beim Kauf und Konsum nicht nur von Vernunft, sondern häufig ganz wesentlich –und unwissentlich- von seinen Gefühlen und Wünschen geleitet.
Wie funktioniert das?
Jeder Mensch hat Bedürfnisse, aber auch Hoffnungen, Träume und Wünsche.
Die menschlichen Grundbedürfnisse sollten nicht mit seinen Wünschen und Träumen gleichgesetzt werden. Grundbedürfnisse sind unabdingbar und müssen in einem gewissen Maß befriedigt werden, damit der Mensch existieren und gesund bleiben kann. Solche elementaren Grundbedürfnisse sind zum Beispiel ausreichende und zweckmäßige Nahrung, Bekleidung und Wohnen.
Darüber hinaus haben Menschen auch das Bedürfnis nach Sicherheit, soziale Bedürfnisse sowie das Bedürfnis nach Anerkennung und Wertschätzung. Auch die Selbstverwirklichung gehört –vor allem in der westlichen Welt- zum menschlichen Streben.
Der Mensch möchte nicht nur seine Grundbedürfnisse befriedigen, sondern er möchte sich auch seine Wünsche gerne erfüllen. Er vergleicht sich mit anderen Menschen und leitet auch daraus Wünsche und Träume ab. Dabei sind die Menschen unterschiedlich geduldig in ihrem persönlichen Streben nach Glück.
An Bedürfnisse und mehr noch an unsere Wünsche und Träume knüpft Werbung an. Sie suggeriert uns, dass der Kauf eines Produktes z. B. glücklich macht oder gesund oder erfolgreich oder attraktiv usw. Auch wenn es oft unbewusst passiert oder wir es nicht wahrhaben wollen: Werbung vermittelt uns Gefühle, und diese verknüpft unser Gehirn mit dem Produkt. Es ist gut, sich diese Verknüpfung bewusst zu machen, um einen „kühlen“ und kritischen Kopf zu bewahren.
Alle Wünsche sind aber immer auch mit einem gegenteiligen „Spiegelbild“ gekoppelt: den Ängsten. Ein Beispiel: Wer nicht in Sicherheit lebt, der lebt in Unsicherheit und Gefahren, er muss sich fürchten. Wer nicht wertgeschätzt wird, der hat keine Freunde und ist alleine, das erzeugt unangenehme Gefühle und Ängste.
Und auch hier knüpft Werbung an, indem sie suggeriert: Es gibt eine Gefahr, aber mit dem beworbenen Produkt –zum Beispiel einer Unfallversicherung- brauchst du keine Angst mehr zu haben. Oder: Ohne das neueste Handymodell bist du ein Verlierer, wirst ausgegrenzt, also erwirb es und werde wieder wertgeschätzt, gehöre „dazu“!
Unsere gesellschaftliche Wirklichkeit, insbesondere der Wirtschaftskreislauf der sozialen Marktwirtschaft, basiert auch darauf, dass die Menschen Geld ausgeben, kaufen und konsumieren. Die Verbraucher sollen mit Werbung motiviert werden, bestimmte Dinge zu kaufen und ihr Geld dafür auszugeben.
Der Drang des Menschen nach Bedürfnisbefriedigung und Erfüllung von Wünschen ist also eine der wichtigsten Antriebskräfte des marktwirtschaftlichen Systems.
Insbesondere im Jugendalter zeigt sich im Konsum, ob jemand „in“ oder „out“ ist. Jugendkultur und Jugendkonsum sind in unseren modernen westeuropäischen Gesellschaften untrennbar verwoben. Dabei sind Kinder und Jugendliche eine wichtige Zielgruppe für die Wirtschaft und Unternehmen.
Aufgabensammlung 1: Wünsche und Werbung - Ein Überlick
Lest den einführenden Text sorgfältig. Notiert eure Gedanken und Antworten zu den einzelnen Aufgaben und Fragen auf einem Extrablatt.
Aufgaben:
- Schätzt: Wieviel Geld haben alle Kinder und Jugendlichen in Deutschland zusammen jährlich zum Ausgeben zur Verfügung? Aus welchen „Geldquellen“ könnte sich die Gesamtsumme zusammensetzen?
Recherchiert zu diesem Thema. Nützlich dazu ist zum Beispiel die Kinder-Medien-Studie, zu finden unter www.kinder-medien-studie.de unter dem Reiter „Berichtsband“.
Fasst eure Rechercheergebnisse in einem kurzen Text oder einer kurzen Präsentation zusammen. - Welche menschlichen Bedürfnisse gibt es? Welche Wünsche bewegen die Menschen, wovon träumen und worauf hoffen sie? Wie unterscheiden sich Bedürfnisse von Wünschen? Welche Ängste bewegen die Menschen? Findet Antworten und begründet eure Antworten zum Beispiel in Form einer Mindmap oder Collage / Wandzeitung.
- Welche Wünsche und Ziele habt ihr für eure Zukunft? Welche davon sind sehr wichtig, welche weniger wichtig?
Wie und wann können sich die wichtigsten Wünsche erfüllen? Was könnt ihr selbst dafür tun, dass eure Wünsche in Erfüllung gehen, welche Faktoren könnt ihr nicht oder nur schwer beeinflussen? Nutzt für eure Arbeit die Form der Mindmap oder einer Collage / Wandzeitung. - Welchen Wunsch habt ihr euch zuletzt erfüllt? Welcher wichtige Wunsch muss noch warten und warum und bis wann? Antwortet und begründet z. B. mit einer Mindmap.
- Sucht fünf Zitate zum Thema „Streben nach Glück“ und erstellt dazu eine Collage.
- Recherchiert die Bedürfnispyramide nach Abraham Maslow. Fasst Eure Ergebnisse in einem Text mit eigenen Worten zusammen oder erstellt dazu eine kurze Präsentation.
- Beschäftigt euch mit Werbematerial. Bildet dazu Kleingruppen.
Überlegt, mit welchem Werbematerial ihr euch auseinandersetzen wollt. Das können z. B. Prospekte aus dem Handyladen sein, Printwerbung aus Zeitschriften, Internetwerbung (z. B. von Influencern), Gutscheine oder Gratiszugaben, fotografierte Außenwerbung, die Verpackung eines Produktes usw.
Bearbeitet je Kleingruppe mindestens drei Werbematerialien.
In jeder Kleingruppe werden die Fragen aus dem Arbeitsblatt „Fragen zum Werbematerial“ diskutiert und schriftlich zusammengefasst. Die Stichwortliste kann dabei helfen.
Wählt euren „Favoriten“ und begründet.
Präsentiert die ausgewählten Werbematerialien und Eure Ergebnisse.
Zum Schluss wird im Plenum abgestimmt: Welche Werbung ist „am besten gelungen?“
Arbeitsblatt: Fragen zum Werbematerial und Stichwortliste "Wünsche und Werbung"
Was für ein Produkt wird beworben?
Welches Thema hat die Werbung (z. B. Gesundheit, Körperpflege, Handy usw.)?
Was ist zu sehen? Bitte möglichst genau beschreiben (z. B. „…zwei glückliche Menschen…“)
Welche Kundenzielgruppe soll angesprochen werden (z. B. Kinder, junge Menschen…)
Welche Gefühle sollen beim Betrachter angesprochen werden? Nutzt die Stichwortliste.
Welches Versprechen gibt die Werbung, welche Hoffnung weckt sie? Nutzt die Stichwortliste.
Würdest du das Produkt gerne kaufen?
Warum würdest du das Produkt kaufen bzw. nicht kaufen? Bitte kurz begründen.
Was denkst du: Wird das Produkt sein Werbeversprechen (siehe oben) erfüllen, wenn du es kaufst? Warum bzw. warum nicht?
Wieviel wird das Produkt wohl kosten? Recherchiere dazu. Wie bewertest du die Preis-Leistungs- Beziehung des Produkts? Wäre der Kauf aus ökologischer Sicht empfehlenswert oder eher nicht?
Diese Stichwortliste ist eine Hilfestellung für das Arbeitsblatt. Die unten genannten Wünsche, Ängste, „Versprechen“ oder Mittel werden häufig in der Werbung verwendet:
- Schönheit
- Lebensfreude, Glück, glücklich sein
- Träume und Hoffnungen werden wahr
- Gesundheit
- Sicherheit, Schutz
- attraktiv sein, besondere Ausstrahlung auf andere
- dazugehören; „…das haben doch jetzt alle!“
- Angst vor Krankheit, Angst vor Schwäche
- Angst vor Alleinsein
- Angst davor, nicht dazu zu gehören
- Das kann ich auch haben, da gibt es keine Probleme!
- Verdummung
- Bequemlichkeit / Faulheit
- Ungeduld
- schnell kaufen, sonst ist es zu spät, Sonderangebot
- andere werden mich beneiden
- schnell kaufen, später bezahlen, kein Problem
- Gutes für meine Kinder
- meine Kinder werden glücklich sein
- meine Kinder werden mich lieben
- modern sein, „in“ sein
- gesund sein
- sich gesund ernähren
- das schmeckt besonders gut
- kein Risiko
- billig
- das muss jetzt einfach sein!
- macht glücklich
- Wünsche erfüllen
- einfach
- sexy
- sehr männlich/weiblich
- Schnäppchen, besonders preiswert
- Abenteuer
- die neueste Technik
- voller Energie
- Macht, Power
- Respekt von anderen bekommen
- Das ist genau mein Stil!