Baustein 2: Grundzüge des Vertragsrechts- Recht im Verbraucheralltag
Zielgruppe: Sek. I, Klasse 9 – 10
Dauer: Aufgaben 1 und 3 = 90 Minuten, weiteres je nach Umfang der ausgesuchten Aufgaben Materialien, Methoden: Einführungstext, Aufgabenblatt, Checkliste „Ist ein Vertrag zustande gekommen?“ mit Lösungsblatt; Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit, Präsentationen der SuS / Diskussion im Plenum. Schön wäre es, wenn die Lehrkraft eine Taschenbuchausgabe „BGB“ mitbringen oder das BGB z. B. auf dem Smartboard vorstellen könnte. Aufgaben 2, 4-6 eignen sich auch als Hausaufgabe.
Schulfächer: Deutsch, Ethik, Sozialwissenschaften / Wirtschaftswissenschaften, Wirtschaft-Arbeit-Technik
Einführungstext für die Schülerinnen und Schüler
Die meisten Vorschriften zur Regelung von Vorgängen im Verbraucheralltag stehen im Bürgerlichen Gesetzbuch, kurz: BGB. Dieses Gesetz regelt das Recht von Privatpersonen untereinander. Viele Vorschriften gelten aber auch für Verträge von Privatpersonen mit Unternehmen. Diese sind oft als sogenannten juristischen Personen organisiert, zum Beispiel in Form einer GmbH.
Das BGB in seiner ursprünglichen Fassung stammt aus dem Jahr 1896. Viele seiner Leitvorstellungen sind aber noch viel älter und haben ihre Wurzeln im Römischen Recht, das vor ca. 2000 Jahren galt.
Natürlich hat das BGB seit seinem Inkrafttreten immer wieder Neuerungen und Änderungen erfahren. Denn auch unsere Wirklichkeit hat sich geändert, zum Beispiel in technischer Hinsicht: Gab es 1896 schon Autos, Flugzeuge, das Telefon oder Internet? Aber auch gesellschaftlich und politisch unterscheidet sich die damalige von der heutigen gesellschaftlichen Situation in vielerlei Hinsicht erheblich. Deutlich wird das zum Beispiel im Familienrecht, das grundlegend im BGB geregelt ist. So hieß es von 1958 bis 1977 in § 1356 BGB:
„Die Ehefrau führt den Haushalt in eigener Verantwortung. Sie ist berechtigt, erwerbstätig zu sein, soweit dies mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar ist“.
Diese Bestimmung wurde so ausgelegt, dass die Ehefrau die Zustimmung ihres Ehemannes benötigte, um überhaupt einer Erwerbstätigkeit nachgehen zu dürfen.
Das BGB hat insgesamt 2385 Paragrafen.
In der DDR galt bis zur Wiedervereinigung 1990 das Zivilgesetzbuch ZGB. Es hatte 480 Paragrafen. Der geringere Umfang gegenüber dem BGB erklärt sich vor allem damit, dass in der planwirtschaftlich organisierten DDR das Zivilrecht eine weniger wichtige Rolle spielte (oder spielen sollte). Ein wesentlicher Unterschied zum BGB bestand darin, dass das Zivilgesetzbuch der DDR zwischen sozialistischem und persönlichem Eigentum unterschied.
Handout: Die wichtigsten Leitvorstellungen des Vertragsrechts im BGB
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Leitvorstellung des mündigen Bürgers („Consumer Citizen“)
Der Verbraucher ist ein mündiger, gut informierter und mit dem Vertragspartner gleichberechtigter Bürger. Er ist willens und in der Lage, Verträge zu lesen, zu verstehen und frei und verantwortlich zu entscheiden, welche Verträge er eingehen möchte.
Sogenannte Schutzvorschriften sind immer nur Ausnahmen zu diesem Grundsatz, z.B. Schutzvorschriften zu „Kleingedrucktem“ (= „Allgemeinen Geschäftsbedingungen“), im Mietrecht, für Fernabsatzgeschäfte. -
Vertragsfreiheit
Der Inhalt von Verträgen ist grundsätzlich frei verhandelbar und allein Sache der Vertragsparteien. Schutzvorschriften greifen nur ausnahmsweise. Ein Vertrag ist nicht unbedingt nur dann wirksam, wenn er schriftlich geschlossen wurde. Vielmehr kann in vielen Fällen ein Vertragsschluss auch mündlich oder konkludent erfolgen. Konkludent bedeutet „durch schlüssiges Verhalten“, also z. B. durch einen Klick auf den Button „Kostenpflichtig bestellen“ im Internet oder durch Verhalten an der Kasse im Supermarkt (Ware an sich nehmen und bezahlen), aber beispielsweise auch nur durch das Betreten eines öffentlichen Verkehrsmittels mit der Vorstellung, sich an einen bestimmten Ort fahren zu lassen. Wenn hier immer schriftliche Verträge nötig wären, käme unser Alltag schnell zum Erliegen. Nur ausnahmsweise besteht für Verträge Schriftformzwang oder sogar das Erfordernis, dass ein Notar mitwirkt. Letzteres betrifft unter anderem Grundstücksgeschäfte.
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Vertragsbindung
Wer einen Vertrag geschlossen hat, ist grundsätzlich daran gebunden. Ein Klick, eine Unterschrift kann also Verpflichtungen auslösen, aus denen sich Verbraucher und Verbraucherinnen nur ausnahmsweise wieder lösen können. Dieser Grundsatz dient dem Vertrauensschutz und der Rechtssicherheit. Im Römischen Recht wurde dieser Rechtsgrundsatz mit „Pacta sunt servanda“ bezeichnet: Verträge müssen eingehalten werden. Nur in wenigen gesetzlich geregelten Ausnahmefällen gibt es ein Widerrufsrecht.
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Schutz des Eigentums
Eigentum wird in unserer Rechtsordnung in besonderer Weise geschützt. Wer das Eigentum eines anderen z. B. beschädigt, ist zum Schadensersatz verpflichtet. An gestohlenem Eigentum kann kein neues Eigentum begründet werden, wer also z. B. ein gestohlenes Fahrrad kauft, muss es wieder hergeben, wenn der Eigentümer es herausfordert.
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Schutz Minderjähriger
Kinder bis zur Vollendung des siebten Lebensjahres sind geschäftsunfähig, können also wirksam keine Verträge schließen. Danach, bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, sind sie beschränkt geschäftsfähig. Das bedeutet, dass von ihnen geschlossene Verträge nur mit Zustimmung der Eltern wirksam sind. Nur im finanziellen Rahmen ihres Taschengeldes können sie ohne Zustimmung der Eltern frei verfügen.
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Fristen
Fristen müssen eingehalten werden. Wenn also zum Beispiel im Rahmen einer Internetbestellung ein Widerrufsrecht für den Vertrag besteht, dann muss die Frist dafür (hier: 14 Tage seit ordnungsgemäßer Belehrung über das Widerrufsrecht) unbedingt eingehalten werden. Nach Ablauf dieser Frist erlischt das Widerrufsrecht. Dies dient der Rechtsklarheit und der Rechtssicherheit.
Aufgabensammlung: Grundlagen des Verbraucherrechts
- Lest den einführenden Text (Stillarbeit). Lest danach auch das Handout „Die wichtigsten Leitvorstellungen des Vertragsrechts im BGB“ in Gruppen oder im Plenum: Jeweils eine Schülerin oder ein Schüler liest einen Absatz laut vor und in der Gruppe / der Klasse wird diskutiert, was das bedeutet und ob bzw. welche Beispiele genannt werden können.
- Was sind natürliche Personen, was sind juristische Personen? Warum gibt es juristische Personen, welche Arten von juristischen Personen gibt es und welchen Zwecken dient die Gründung einer juristischen Person? Recherchiert dazu im Internet und notiert eure Antworten auf einem Extrablatt.
- Bearbeitet in Gruppen die Checkliste „Ist ein Vertrag zustande gekommen?“. Lasst euch zunächst von eurem Gefühl, eurer Intuition oder schon vorhandenen Kenntnissen leiten. Diskutiert eure Antworten untereinander. Gleicht danach eure Antworten mit den Leitlinien des BGB ab, nehmt dazu das Blatt „Die wichtigsten Leitvorstellungen des Vertragsrechts im BGB“ zur Hilfe und leitet daraus eure endgültigen Entscheidungen für eine richtige Antwort ab. Dokumentiert die Ergebnisse. Löst die Checkliste im Plenum zusammen mit dem Lehrer oder der Lehrerin auf.
- Recherchiert, ob es außer dem BGB weitere Rechtsquellen gibt, die Verbraucherrechte betreffen. Benennt mindestens drei der gefundenen Vorschriften und Gesetze und dokumentiert eure Ergebnisse. Wählt eines dieser Gesetze aus und fasst dessen Leitlinien in eigenen Worten in einem Kurzvortrag zusammen.
- Recherchiert zum Thema „Aktuell geltendes deutsches Arbeitsrecht“. Benennt 5 wichtige Gesetze zum Arbeitsrecht und fasst für eines davon dessen Bedeutung und wesentlichen Inhalt in Stichworten zusammen. Dokumentiert eure Ergebnisse zum Beispiel in einem Kurzvortrag, einem Artikel für eine Schülerzeitung oder einer Präsentation.
- Recherchiert zum Thema „Geschichte des Arbeitsrechts in Deutschland seit 1850“. Erarbeitet dazu ein Plakat, eine Präsentation oder einen Vortrag.
- Diskutiert die Leitvorstellung des „mündigen Bürgers“. Ist diese gerechtfertigt und zeitgemäß? Nennt Gründe und Argumente für die von euch eingenommene Meinung. Bildet dazu mindestens drei Beispielsfälle und dokumentiert diese in einer von euch gewählten Form.
- Untersucht folgende Aussage:
Gesetze sind immer das Ergebnis politischer Prozesse. Gesetze werden in Parlamente eingebracht und dort verabschiedet. Das bedeutet, es entscheiden immer Mitglieder eines gewählten Parlaments, die gewählten Parteien angehören. Daher hat es jede wahlberechtigte Bürgerin und jeder wahlberechtigte Bürger in der Hand, selbst gesetzgeberische Prozesse mit zu beeinflussen. Auch über Medien und Volksentscheide kann von Bürgerseite erheblicher Einfluss genommen werden.
Überprüft, ob diese Aussage nach eurer Meinung stimmt. Bewertet das Ergebnis aus eurer persönlichen Sicht. Könnt Ihr Beispiele benennen? Dokumentiert eure Überlegungen in einem Text, einer kurzen Präsentation oder in einer anderen frei gewählten Form.
Checkliste interaktiv „Ist ein Vertrag zustande gekommen?“
Ist in dem jeweiligen Szenario ein bindender Vertrag geschlossen worden? Kreuze an.